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Katastrophenhilfe mit Amateurfunk


Unsere technische Infrastruktur ist höchst verletzlich. Ganz besonders empfindlich reagiert unsere Gesellschaft auf einen Stromausfall:

  • Die Telefonnetze brechen zusammen - und wenn es nur daran liegt, dass heute nur noch wenige Festnetz-Endgeräte ohne Stromversorgung funktionieren. Die Batterieanlagen in den Netzknoten halten nur wenige Stunden durch. Viele Mobilfunk-Feststationen werden völlig ohne Notstromversorgung gebaut. Zentrale Knoten mögen Notstromaggregate haben, aber typisch nur Diesel für drei Tage. Wo soll aber der Nachschub herkommen, wenn die Tanklager auch auf eine externe Etromversorgung angewiesen sind?
  • Der Verkehr bricht zusammen, weil keine Ampeln und kein Schienenverkehr mehr funktionieren.
  • Viele Menschen geraten in Not, weil Aufzüge stecken bleiben, Lichter ausfallen usw.
  • Viele technische Systeme sind sehr kleinräumig angelegt und längst nicht jedes verfügt über eine Notstromversorgung.

Den letzten großen Stromausfall in meinem Umkreis gab es am 15.11.2012 in München, mit den oben beschriebenen Folgen. Natürlich haben die Sicherheitskräfte ihre eigene Telekommunikations-Infrastruktur. Aber die ist in solchen Fällen schnell überlastet und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Und immer wieder reichen die Netze der Sicherheitskräfte nicht überall hin. Bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 zeigte sich zudem, dass die TERTRA-Infrastruktur kaum stabiler war als die des zivilen Mobilfunks [29], [30].

In solchen Fällen hat der Amateurfunk entscheidende Vorteile:

  • Unsere Kommunikation braucht bedeutend weniger Infrastruktur. Ein paar 100 km lassen sich leicht auf Kurzwelle überbrücken - ohne jede Infrastruktur zwischen den beteiligen Stationen.
  • Unsere Relaisstationen haben häufig eine sehr viel größere Reichweite als die der Sicherheitsdienste. Beispiel Zugspitzrelais, DB0ZU: Mit einer Antenne, die aussieht wie früher die Fernsehantennen, Kann man dieses Relais auch noch von Nürnberg oder höheren Lagen des Schwarzwaldes aus nutzen.
  • Unsere Infrastruktur ist völlig unabhängig von den üblichen Kommunikationssystemen. Im Notfall können wir also zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung stellen.
  • Mittlerweile gibt es ein deutschlandweites Datennetz des Amateurfunks (HAMNET). Dessen Knotenstationen brauchen nur sehr wenig Leistung, sind also leicht mit Akkus und Solarmodulen zu betreiben. Auf der obersten Netzebenen nutzen wir regelmäßig Trassenlängen von 100 km und mehr. Beispiel: Vom Hesselberg (nahe der Kreuzung der Autobahnen A6 und A7) zum Schneeberg im Fichtelgebirge (145 km).

Nur ein Beispiel: Die Relaisstation DB0EL auf dem Olympiaturm in München hängt am Notstrom des Olympiaturms. Während des Stromausfalls am 15.11.2012 wurde sie vom Dieselaggregat des Olympiaturms versorgt. Somit war weiter Kommunikation in einem Umkreis von rund 80 km möglich. Selbst die VoIP-Anbindung (Echolink) funktionierte weiter, weil der Internetanschluss dafür per Funk bis zum Leibnitz-Rechenzentrum der TU München geht und dort war ebenfalls ein Notstrom-Diesel in Betrieb. Über DB0EL waren also während der ganzen Zeit weltweite Sprachverbindungen möglich.

Katastrophen-Vorbereitung im deutschen Amateurfunk

Koordiniert werden diese Aktivitäten vom Deutschen Amateir Radio Club e.V. (DARC). Sowohl von hier aus, als auch dezentral, sucht der DARC den Kontakt zu den Sicherheitskräften wie technisches Hilfswerk, Feuerwehr usw. Manche einschlägigen Fachleute der Sicherheitsbehörden sind selber Funkamateure. Auf Seiten der Sicherheitsbehörden fehlt häufig das Verständnis für die spezifischen Vorteile des Amateurfunks.

Auf der anderen Seite baut der DARC Infrastruktur innerhalb unseres Funkdienstes auf. Das beginnt beim Benennen von Ansprechpartnern für die Sicherheitsdienste, geht über Alarmierungsketten und endet noch lange nicht bei Schulungen.

Dabei bin ich sicher nicht der einzige Funkamateur, der sich ohne Handfunke nackt vorkommt und folglich in der Aktentasche oder im Rucksack immer ein betriebsbereites Funkgerät dabei hat. Abgesehen von der Antenne sind viele dieser Geräte kaum größer als ein Handy. Trotzdem können sie ohne Relaisstation wenigstens ein paar 100 m und mit Relaisstationen auch viele km überbrücken. Die Funkamateure haben über ganz Deutschland hinweg ein Relaisstellen-Netz mit mehreren 100 Stationen aufgebaut. Die Batterien in den Handfunkgeräten halten in aller Regel mehrere Stunden durch. Manche Funkamateure haben auch immer Ersatzbatterien dabei.

Viele Funkamateure haben auch im Auto eine Funkstation. Diese Stationen haben eine deutlich größere Reichweite als die Handfunkgeräte. So lange noch Sprit im Tank ist, können diese Stationen auch Betrieb machen. Die meisten Mobilstationen arbeiten im 2m- und im 70cm-Band, können also die Relaisstationen nutzen. Auf diese Stationen bezieht sich die Reichweitenangabe von z.B. 80 km für DB0EL.

Die Zahl der Kurzwellen-Mobilstationen ist bedeutend kleiner, weil der nötige Aufwand bislang recht hoch war. Wie ich aber in dieser Website zeige, muss dem nicht so sein. Viele Funkamateure können auf Kurzwelle zumindest Standmobil-Betrieb machen. Das soll heißen, dass sie mit ihrer Ausrüstung zu einem passenden Punkt fahren und dort sehr schnell eine Funkstation in Betrieb nehmen können.

Anders als der DARC halte ich wenig von der Fixierung auf die offiziellen Hilfsdienste wie Polizei, Feuerwehr oder THW (BOS): Seit der Digitalisierung der Funkdienste können die auch direkt miteinander kommunizieren und brauchen uns nicht mehr zum "Brückenbauen". Bei Katastrophenschutz-Übungen werden wir zunehmend als überflüssig bezeichnet und auch bei den Flutkatastrophen im Sommer 2021 griffen die Katastrophendienste nicht auf uns zurück. Das wird sich erst durch einen großflächigen Blackout ändern, wenn alle vernetzten Dienste über längere Zeit zusammenbrechen: Irgendwo werden Glasfaserkabel zerrissen, die Notstromversorgungen zentraler Standorte haben keinen Treibstoff mehr.

Deshalb konzentriere ich mich auf das, was als Welfare Traffic bekannt ist oder als Nachbarschaftshilfe bezeichnet werden kann: Auch wenn 500 km rings herum kein normaler Internetzugang mehr funktioniert, kann ich immer noch Mails verschicken und empfangen. Lizenzfreie Funkgeräte (PMR 446 MHz) gibt es mittlerweile spottbillig. Davon habe ich einige eingelagert. Der Rest macht mein spezielles, technische und funkerische, Fachwissen aus.

Dies war ein erster Aufhänger für eine Notfunkseite, die ich anlässlich des Münchner Stromausfalls 2012 anlegte. In der Navigationsleiste links sehen Sie auch das Inhaltsverzeichnis des Kapitels Katastrophenvorsorge dieser Website.

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Alexander von Obert * http://www.dl4no.de/thema/katastro.htm
Letzte Änderung: 05.09.2021 (aktualisiert: Stabilität des Behördenfunks)


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