Selten hatte ich zu einem Gerät ein so gespaltenes Verhältnis wie zu diesem Weltempfänger: Das Konzept ist
äußerst reizvoll, die Hardware gut – aber die Bedieneroberfläche und die Bedienungsanleitung sind, um es sehr
zurückhaltend auszudrücken, weitgehend unbrauchbar. Aber sehen wir uns das etwas genauer an...
Lange wartete ich auf einen Weltempfänger, der auch das digitale Übertragungsverfahren
DRM beherrscht. Denn mein
Sangean ATS 909 erwies sich als etwas
unhandlich und vertrug mein Nomadentum nicht so gut – kurz: Ich wollte ihn schon länger durch etwas Kleineres
und Innovativeres ersetzen. Die Hoffnung auf einen DRM-Empfänger mit vernünftigen Empfangsleistungen,
Batteriebetrieb und passender Kleinheit habe ich mittlerweile aufgegeben – Geräte wie der
Himalaya DRM2009 mit einer Breite von 27 cm können es irgendwie nicht sein.
Trotz einiger Vorwarnungen im Internet, dass das Gerät nur schwer zu bedienen sei, bestellte ich mir dann
einen Thieking & Koch DE 1121. Neben dem sehr weiten Empfangsbereich ab 50 kHz und den geringen Abmessungen
(166 x 102 x 32 mm, 400 g) reizte mich vor allem der integrierte MP3-Player. Damit hat man nicht nur ein
Äquivalent zum früher so beliebten Radiorecorder, sondern auch die Möglichkeit, Rundfunksendungen als Podcast
herunterzuladen und wie gewohnt mit dem Radio zu hören. Spätestens wenn man seine Lieblingssendung zum
Einschlafen hören möchte, ist ein PC oder MP3-Player dafür doch etwas unbequem.
Indiskutables Bedienkonzept und "passende" Bedienungsanleitung
Wesentliche Teile des Geräts kann ich bis heute nicht nutzen, weil sich mir die Bedieung nicht
erschließt. Zum Einstellen des Weckers meint die Bedienungsanleitung wörtlich: Es wird Ihnen mit dieser
Anleitung evtl. erst beim 5. Versuch gelingen, einen Alarm zu programmieren. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Leider ist das symptomatisch. Die Bedienungsanleitung lässt einen an den wesentlichen Stellen sowieso allein,
etwa wenn die Bedienungsanleitung für den eingebauten MP3-Player aus zwei Sätzen besteht: Die längste
Akkuwiedergabedauer beträgt 4,5 Stunden. Die Bedienung des Gerätes ist normal und menügeführt und wird daher
hier nicht im Detail beschrieben. Das empfinde ich als absolute Frechheit.
Trotzdem entschloss ich mich, das Gerät nicht kommentarlos zurückzuschicken. Mit vieeeel Probieren bekam ich
mittlerweile die wichtigsten Funktionen in den Griff. Ich beschloss aber, keine vernünftige Bedienungsanleitung
zu schreiben – auch wenn das für mich als technischen Redakteur eine ganz normale Übung wäre. Soll doch der
Importeur sich die Mühe machen! So lange er seinen Job nicht vernünftig macht, kann er auch von mir keine
Unterstützung erwarten.
Ein paar Bemerkungen zum Betrieb des Thieking & Koch DE 1121
Vergleiche mit meinem Sangean wären unfair. Schließlich trug der diverse Schäden davon, weil ich ihn über
Jahre durch die Weltgeschichte schleppte. Im normalen Betrieb bin ich durchaus zufrieden mit den
Empfangsleistungen – sofern es mir gelingt, die richtige Frequenz und Betriebsart einzustellen.
Der MP3-Player hat ein grafisches LCD-Display mit Hintergrundbeleuchtung. Eigentlich könnte man das auch intelligent
nutzen, was aber nicht geschieht. Beim Radioempfang erwartete ich, dass vor allem die Empfangsfrequenz gut
sichtbar dargestellt wird. Das Display stellt beim Radioempfang aber vier gleich hohe Zeilen dar. Eine dieser
Zeilen zeigt u.a. die Frequenz an. Die Frequenz wird auch direkt am Radio in einem nicht beleuchteten
LCD-Display angezeigt, das sonst die Uhrzeit anzeigt – tatsächlich etwas größer als am MP3-Player, mit der 5.
Stelle nochmals kleiner. Das Display ist wohl für Stoppuhren mit Anzeige der Zehntel-Sekunden gedacht.
Ein Radio ohne Langwellenbereich wäre mir nicht ins Haus gekommen. Dieser Empfänger arbeitet sogar ab 50 kHz.
Man kann sich fragen, welchen Sinn die 100 kHz unterhalb des Rundfunkvereichs haben. Naja, man kann sich mal
den Zeitzeichensender DCF77 anhören. Für den Amateurfunkbereich bei 137 kHz dürfte der Empfänger weniger
geeignet sein – bestenfalls kann man das Band im SSB-Betrieb über den Kopfhöreranschluss in den Rechner
einspeisen und vielleicht per Programm noch etwas herauskitzeln. Ich hab's nicht ausprobiert.
Allerdings fand ich keine Möglichkeit, auf normalem Weg auf Langwelle umzuschalten. Das funktioniert nur über
die Stationsspeicher, die man in einer Textdatei mit dem PC einstellen kann. Sobald man mit der Abstimmung aber
im Mittelwellenbereich gelandet ist, kommt man mit dem Abstimmrad nicht mehr in den Langwellenbereich hinunter.
Auch das ist wieder ein Zeichen für die Stümperei in der Software des Gerätes.
Ausgesprochen nervig ist auch die Lautstärkeeinstellung. Dafür gibt es keinen herkömmlichen Regler, sondern nur
eine Taste "lauter" und eine Taste "leiser". Diese Einstellung wird auch gespeichert. Allerdings braucht der
Steuerrechner nach dem Einschalten eine ganze Zeit, bis er sich daran erinnert. So plärrt das Gerät beim
Einschalten erst mal mit einer Standardlautstärke los, um 2-3 s später auf die gewünschte, geringere,
Lautstärke umzustellen.
Relativ häufig, ich kann dafür keinen Algorithmus angeben, reagiert der Empfänger nicht auf den Ausschaltknopf.
Zwar geht das Display am MP3-Player aus, aber das Radio läuft weiter. Das Radio geht erst nach einem zweiten
Druck auf den Aus-Knopf aus – aber auch das erst, nachdem man eine Gedenksekunde einlegt hat.
Fazit
Das Grundkonzept des Thieking & Koch DE 1121 ist interessant. Für irgendeine positive Beurteilung sehe
ich trotzdem keinen Grund, dafür ist die Bedienung viel zu unausgegoren und die Bedienungsanleitung völlig
unzureichend. Der letzte Software-Update ist auch schon zu lange her, als dass ich da noch irgendeine
Verbesserung erwartete.
Den Kauf kann ich deshalb nur Leuten empfehlen, die eine ausgesprohen hohe
Frustrationstoleranz besitzen und genügend Technikbegeisterung, dass sie sich durch das verkorkste
Bedien"konzept" hindurchquälen. Leider kenne ich kein Gerät, das ähnliche technische Möglichkeiten bietet.
Literatur
Degen DE1121 FAQ
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